22.08.03 Vorbereitung
Wir starten also unseren dritten Versuch. Keine Ahnung, warum es über Jahre einfach nicht klappt, nach Finnland zu fliegen. Die Maschine stand nicht zur Verfügung...das Wetter war zu schlecht...was auch immer. Aber dieses Jahr, im August 2003, wollten wir es wissen (ein weiteres mal, na schön).
Schlechter Beginn. Das Flugzeug, eine Piper PA 28 Archer III, darf nicht das tun, was sie am liebsten mag: Fliegen! Die 100 Stunden Kontrolle steht auf dem Programm. Na schön, Urlaub haben wir beiden möchtegern Finnland Flieger ja eh, also rangeklotzt.
Mit Hilfe vieler Clubmitglieder, die um unser „Leid“ wissen, wird die Gute fertig.
Here we go!
Aber das Streckenwetter…übel, übel. Tiefe ceilings lauern...ein Tag ist kein Tag, also warten...
23.08.03 Hamburg-Norrköping
Kaum zu glauben, es kann losgehen! Die Wetterfrösche sagen nicht gerade umwerfend schönes, aber so doch allemal fliegbares Wetter voraus. So heben wir also ab. Fehmarn in sicheren Schwimmwesten hinter uns lassend, werden wir freundlich von Copenhagen Information aufgenommen. Es geht über Roskilde und den Copenhagener Luftraum, durch den wir vollkommen unproblematisch dirigiert werden („Are you familiar with Copenhagen airspace?“ – „Öhm, no, sorry, help would be welcome.“ – „No problem. Proceed on present course and altitude.“) nach Schweden hinein.
Die Landschaft erinnert nach wie vor an die norddeutsche Tiefebene, Felder wechseln mit Dörfern, mit Waldstücken ab. Verlöse Tower erinnert uns daran, dass man nicht „mal eben so“ 500 Füße steigen darf. Schweden ist bedeckt von TMAs, die allesamt Luftraum Charlie darstellen und damit kontrolliert sind. Hier geht nichts ohne Freigabe und noch weniger über 3000 Fuß. Nun gut, schütteln wir uns also unter der Wolkenbasis gen Norrköping.
Das Bild, welches die Landschaft bietet, wechselt fast schlagartig. In einem Moment nur noch Wälder und Seen unter uns. Wunderschön, solange der Propeller dreht. Im Falle eines Falles könnte die Sache kritisch werden. Aber der Fall tritt nicht ein, die Archer summt brav ihr Lied.
Bei Malmö Controll werden wir gemeinsam mit einigen SAS Airlinern abgewickelt. „Information“ gibt es in Schweden nicht und wir fühlen uns wie eine „Große“.
Nach knapp drei Stunden ist Nörrköping erreicht. Der Tipp des Tankwartes, besser nach Russland zu fliegen; dort seien die Frauen hübscher, wird in Gewissheit unserer daheimgebliebenen Süßen ignoriert.
Eine Stadt, die, wie wir den Eindruck haben, nicht gerade vor Leben strotzt, aber einiges Flair zu bieten hat. Besonders angetan hat es uns eine ehemalige Papierfabrik, die, nunmehr durch Studenten eingenommen, ein zauberhaftes Ambiente der frühen Industrialisierung Schwedens zu bieten hat.
24.08.03 Norrköping-Stockholm/Bromma
Nachdem wir nun wissen, wie es mit diesen TMAs funktioniert, wird Fliegen in Schweden mehr und mehr zum Kinderspiel. Dass ein aktuelles Tripkit vorhanden ist, versteht sich von selbst.
In Norrköping hatten wir eine „weekly season card“ (350,- SEK) erworben, die uns eine Woche lang die Landegebühren auf einigen großen Flugplätzen sparen lässt. Die Sache rechnet sich, obwohl leider Bromma dieses Jahr nicht mehr dazu gehört.
Was für eine wunderbare Stadt: Stockholm! Reich an historischen Gebäuden -allen voran dem Palast des regierenden Königs Gustav und seiner Gemahlin Sylvia, einer Deutschen- wird die Stadt ganz offensichtlich von Menschen regiert, die das traumhafte Wetter nutzen, um in Scharen die unzähligen Kneipen und Bistros zu bevölkern. Pulsierendes Leben, das uns die Weiten Schwedens, die wir eben noch aus der Luft erlebt haben, vergessen läßt.
Ein Anruf beim Wetter zerschlägt unsere Pläne, über die Aland Inseln weiter nach Finnland zu fliegen. Mist! Also wieder einmal nichts mit Finnland, aber immerhin waren wir dieses Mal schon dicht dran. Wir entscheiden uns also, Schweden noch etwas zu erkunden.
25.08.03 Bromma-Karlskoga
Und wieder geht es in die Provinz. Stockholm verlassend sind wir schnell wieder umgeben von der „Leere“ Schwedens. Kleine Wochenendhäuser ziehen hin und wieder unter uns vorbei, sonst nichts. Wälder Flüsse, Seen, Wälder, Flüsse, Seen....
Provinz hin oder her, mit stattlichen 25 € gibt sich der Mann am Platz zufrieden und wir dürfen die Archer für eine Nacht abstellen. Gut, dass wir vorher angerufen haben, ob der Platz denn geöffnet sei und wie es mit Landegebühren so aussähe („Yes, yes, open. Aaaah, very small landing fee, very small.“ (dieses verhaltene Kichern hätte zu denken geben können)). Na,gut, wir hätten ja diesbezüglich nochmal nachfragen können.
Davon abgesehen, dass uns Karlskoga eine der größten Pizzen beschert, die wir je zu Gesicht bekommen haben, ist auch dieses Fleckchen Erde geschichtlich behaftet. Nach wie vor gibt es einige Dynamitfabriken, deren Gründung Herrn Nobel, der sein Leben dort verbracht hat, zu danken ist.
Wider unseren Erwartungen verbringen wir dennoch eine ruhige Nacht...ohne Detonationen. Man versteht eben sein Handwerk.
Uns fallen erstmals die typisch schwedischen Häuser auf. Aus Holz gebaut, in verschiedenen Pastellfarben gestrichen, umrahmt von Gärten und wahrlich englischem Rasen (wie aus dem Katalog eines bekannten schwedischen Möbelhauses).Kein Unkraut, jeder Halm millimeter genau gestutzt.
26.08.03 Karlskoga-Jönköping
Die Flugplanung wird wie überall in Schweden kurz per Telefon erledigt.
Jönköping entspricht schon eher einer großen Kreisstadt, mit unzähligen Sehenswürdigkeiten im Umkreis, die wir leider nicht zu Gesicht bekommen. Auf Tradition bedacht, werden auch hier alte Gebäude gepflegt und prima in Schuss gehalten, so auch das einzige Streichholzmuseum der Wellt, unmittelbar gegenüber unseres Hotels und der Ostsee angeschmiegt.
Dunkle Wolken ziehen gegen Abend auf.
27.08.03 Jönköping-Ronneby
Kurz nach unserer Landung startet ein Viggen-Düsenjäger mit ohrenbetäubendem Lärm von dem Zivil-Militärflughafen, gefolgt von der Landung einer 737. Eine interessante Mischung.
Man mag es kaum glauben, aber hier endlich gelingt es, den ersten Elch unseres Trips zu Gesicht zu bekommen, der schneller wieder verschwunden ist, als die Kamera aus dem Rucksack gefischt werden kann. Zu Schade, ängstliches Tier (obwohl man hört, dass in Kanada mehr Menschen durch Elche getötet werden, als durch Bären, aber das nur nebenbei).
28.08.03 Ronneby-Ängelholm
Was für ein Blick! Bei dunkelblauem Himmel starten wir in Ronneby. Unser Flug führt uns entlang der Scheren, die ein einmaliges Bild bieten. Vieleviele Inselchen in tiefblauem Wasser, gar nicht, oder mit einzelnen Häuschen besiedelt, lassen den Entschluss reifen, dass es sich hierbei um das Paradies handeln muss.
Wir überqueren Schweden nach Westen und landen in Ängelholm, nicht mehr zu weit entfernt von der dänischen Küste.
Ein nettes, zu dieser Jahreszeit verträumtes Städtchen. Die Sommerferien sind bereits beendet und Touristen treffen wir kaum noch an.
Um so schöner ist es, den Strand entlang zu wandern, den Wellen zu lauschen und dabei Muscheln für die Daheimgebliebenen zu sammeln.
29.08.03 Ängelholm-Billund
Jaja, die Sache mit dem Wetter. Könnte schlechter werden...oder auch nicht...oder viel schlechter.
Wir entscheiden uns, die Heimreise anzutreten.
Billund wird auf jeden Fall noch mitgenommen. Wir erinnern uns der Zeiten, als wir aus Legosteinen unbeholfen flugzeugähnliche Gebilde zusammensteckten und mit ihnen gedanklich die Welt eroberten. Unsere damaligen Träume sind hier in Legoland verwirklicht worden. Zum einen Freizeitpark (derer es viele gibt, nun ja), zum anderen Legowelt (absolut einmalig), die wir in Nieselregen für „lächerliche“ 24 € pro Nase erleben. Aber schön wars doch...Kinder unter sich...
30.08.03 Billund-Hamburg
Nun, die Sache wird zunehmend eng. So schön das Wetter auch entgegen aller Vorhersagen während unseres Trips in Schweden war, so schlecht präsentiert es sich vor dem Heimflug. Ein Blick aus dem Bed and Breakfast Hotel direkt am Platz verheißt nichts Gutes. Tiefhängende Wolken und ausgiebiger Landregen.
Meine Freundin, kurz über handy informiert, versteht gar nicht, wieso wir nicht losfliegen können, wo doch in Hamburg bestes Wetter herrscht.
Gegen Mittag versuchen wir es. In 1500 Fuß und ruhiger Luft geht es gen Heimat. It works! Kaum in Schleswig Holstein wird es blau und blauer, Hamburg hat uns kurz darauf wieder.
Fazit
Eine schöne Reise war es allemal. Man sollte sich jedoch bewusst sein, dass dem Phänomen „Wetter“ in diesen Breiten besonderes Augenmerk gewährt werden sollte. Selten klappt alles so gut, wie in unserem Fall (wobei wir Finnland letztlich doch nicht erreicht haben).
Wer Land und Leute kennen lernen möchte, wird sich vielleicht wundern, dass die Schweden zwar freundlich, aber distanziert sind (Nordlichter eben), den großen „Familienanschluss“, wie in südlicheren Ländern, wird man dort eher nicht erleben.
Genau so wenig wie Schnäppchen-Übernachtungspreise (zwischen 70 und 90 € pro Doppelzimmer) und günstigem Bier (grob 5 € dürfen schon gerechnet werden...für „echtes“ Bier...es gibt da einige „light“ Abarten, die günstiger sind...bäh!).
Wer sich auf seine „alten“ Tage ein Wochenendhäuschen zulegen möchte, ist in Schweden sicher gut aufgehoben. Viiiiiel Platz für wenig Geld (aber immer schön den Rasen mähen).
Die „weekly season card“ –kostenloses Landen auf großen Plätzen, stets in unmittelbarer Nähe größerer Städte- sollte man ausnutzen, sie erspart einem eine Menge Geld (auch die Übernachtungsgebühren für das Flugzeug sind enthalten).
Mit Kreditkarte kommt man ganz gut durch das Leben, dem Euro stehen die Schweden eher skeptisch gegenüber.
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